So langsam geht auch in diesem September, trotz des immer noch erstaunlich sommerlichen Wetters, der Sommer zu Ende. Die letzten abgeflogenen Admiräle und Tagpfauenaugen an faulem Obst sind ein klares Zeichen für das Ende der Tagfaltersaison und der ein oder andere Tagfalter-Fan freut sich vielleicht nun endlich wieder Zeit für andere Dinge zu haben – aber hehe, heute lernt ihr, warum ihr euch eindeutig zu früh gefreut habt! 😉
Gerade im September und Oktober ist die beste Zeit sich auf die Suche nach der nächsten Generation der bunten Flattertiere zu machen! Die Rede ist von den Raupen zweier Arten, die man nun besonders leicht finden kann – und die man auf diese Weise teils sogar einfacher nachweisen kann als durch Beobachtung der Falter.
Der Große Schillerfalter (Apatura iris) genauso wie der Kleine Eisvogel (Limenitis camilla) sind in den Waldgebieten Deutschlands eigentlich recht weit verbreitet. Allerdings sind beide Arten relativ unbekannt, was wohl daran liegt, dass sie nicht, wie für Schmetterlinge typisch, an Blüten zu finden sind sondern lieber an Aas, Exkrementen oder feuchten Bodenstellen saugen. Auch weil sie meist relativ hoch entlang von Waldwegen fliegen, werden sie als Falter zu ihrer Flugzeit im (Juni bis August) oft übersehen – die meisten Tagfalter-Fans sind zu dieser Zeit wohl eher auf Kalkmagerrasen als im Wald unterwegs 🙂 Eine alternative und erfolgsversprechende Methode diese beiden Arten nachzuweisen ist allerdings die Suche nach ihren Jungraupen im September (und Oktober).
Der Große Schillerfalter legt seine Eier an junge Salweiden (Salix caprea), die entlang von Waldwegen auf Lichtungen oder Sukzessionsflächen halbschattig stehen. Dort sitzt die Raupe – die irgendwie auf den ersten Blick mehr Ähnlichkeit mit einer kleinen Nacktschnecke hat als mit einer Raupe 😉 – an der Spitze eines Blattes im unteren Bereich der Krone, dort wo es kühl und relativ feucht ist, und frisst ein typisches Fraßmuster in das Blatt.
An die Rote Heckenkirsche (Lonicera xylosteum) legt der Kleine Eisvogel seine Eier ab. Günstig sind kleine Bachtäler oder periodisch feuchte Bereiche im Wald. Auch diese Raupe frisst ein charakteristisches Fraßmuster in das Blatt.
Beide Raupen sichern ihr Fraßblatt mit feinen Spinnfäden gegen das Herunterfallen im Herbst. Mit dem beginnenden Winter hören sie dann allerdings beide auf zu fressen. Die Raupen des Großen Schillerfalters ziehen sich dann manchmal in eine kleine Astgabel zurück, überdauern den Winter aber häufig sogar einfach nur angeschmiegt an einen Zweig – und überleben Minustemperaturen oder sogar einen Eisüberzug!
Die Raupen vom Kleinen Eisvogel hingegen machen es sich etwas gemütlicher. Sie klappen ein kleines Blatt (nicht das Fraßblatt) der Roten Heckenkirsche zusammen und bauen sich so ein Überwinterungsversteck, genannt „Hibernaculum“. Dieses Hibernaculum ist allerdings nicht zu verwechseln mit dem Kokon, den Schmetterlingsraupen spinnen, um darin die wunderbare Verwandlung (Metamorphose) von der Raupe in eine fliegende Schönheit zu vollziehen. Im Fall unserer beiden Raupen passiert diese Verwandlung dann allerdings erst wieder im nächsten Sommer.
Wer nun also auf die Suche nach diesen beiden schönen Schmetterlingsraupen gehen möchte, sollte einen Ort aufzusuchen, wo man die Falter eventuell schonmal fliegen gesehen hat. Und am besten sucht man sich eine Stelle, wo die Raupenfutterpflanzen nicht gleich in Massen stehen, denn dann ist die Wahrscheinlichkeit nicht allzu hoch, dass man Erfolg hat… Es braucht also schon ein bisschen Ausdauer und einen Blick für ein geeignetes Habitat, um fündig zu werden. Wer aber fündig geworden ist, darf sich freuen zu den wenigen Menschen zu zählen, die diese Tagfalter als Raupe bewundern dürfen 🙂
Empfehlenswert zu diesem Thema ist das Buch „Tagfalter suchen im Winter“ von Gabriel Hermann (ISBN 978-3-8334-9643-1), wo detaillierte Beschreibungen der besten Suchstrategie für den Nachweis dieser beiden Arten sowie 10 weiterer Arten (Zipfelfalter, Großer Eisvogel, Kleiner Schillerfalter) im Raupen bzw. Eistadium im Winter zu finden sind.
Spannende Informationen und tolle Hinweise zum Nachweis von Präimaginalstadien bei weiteren Arten (z.B. wenn man nach Beiträgen von Gabriel Hermann sucht) sind im Lepiforum (http://www.lepiforum.de/2_forum_2013.pl) zu finden.
Bild oben rechts: Großer Schillerfalter (Apatura iris), Foto: David Singer
Verfasser: David