Viele Leute glauben ja im Januar sei keine Saison für Blütenpflanzen in Mitteleuropa. Das stimmt natürlich nicht, sonst hätten alle Botaniker im Winter ja gar nichts zu tun und würden an schweren Winterdepressionen leiden. Da dies offensichtlich nicht der Fall ist, muss es also auch Pflanzen geben, die im Winter blühen. Ist doch logisch, oder?
Alle Leute, die jetzt glauben, ich rede von Hasel und Erle, können beruhigt sein und sich freuen etwas Neues zu lernen. Für die meisten Menschen haben Hasel und Erle ja sowieso keine Blüten, sondern sind höchstens zum Essen oder für Allergien zu gebrauchen. Auch blühen die zwei Gehölze ja auch nur in einem so warmen Winter wie diesem so früh.
Auf der schwäbischen Alb bzw. allgemein auf mageren Wiesen mit Kalk im Untergrund hat dieses (letztes) Jahr schon die stinkende Nieswurz (Helleborus foetidus) im Dezember geblüht und zum Teil schon Früchte getragen. Die normale Blütezeit liegt aber im Februar bis März. Einen Verwandten der Nieswurz kennen sehr viele, nämlich die Christrose (Helleborus niger). Zuchtformen werden im Winter oft blühend verkauft. In Deutschland kommt sie natürlich aber nur in den Alpen bei Berchtesgarden vor.
Auch auf Kalkfelsen gibt es einige sehr früh blühende Pflanzen z.B. das Immergrüne Felsenblümchen (Draba aizoides) oder das Kalk-Blaugras (Sesleria caerulea). Falls man auf Kalkfelsen um diese Jahreszeit gelbe Punkte sieht, ist es ziemlich sicher das Felsenblümchen. Hier im Flachland sind alle Felsenblümchen-Standorte Eiszeit-Relikte. Auch das Blaugras ist eher alpin verbreitet. Kalkfelsen bieten also einen Lebensraum für viele sonst nur alpin verbreitete Arten und sind somit schützenswerte Biotope, auch für Wanderfalken und Kolkraben.
Verfasser: Thomas Tischbierek
Foto rechts: Immergrünes Felsenblümchen, Draba aizoides, BY-SA 3.0, G.Chenais, verändert