Nachtexkursion in die Schwärze

Die Ortsgruppe Berlin-Brandenburg hat sich am 31.August getroffen, um in der Nacht Fische zu beobachten. Dabei ging es in die Schwärze, ein Bach der durch den Stadtcampus der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung in Eberswalde fließt und daher gut zu erreichen ist.
Das Hauptziel der Exkursion war es, Groppen zu beobachten. Bei Groppen handelt es sich um eine Gattung von bodenlebenden Fischen, die keine Schwimmblase haben und deshalb die meiste Zeit träge am Boden herumliegen und dabei einfach sympathisch aussehen. Sie benötigen schnell fließende, klare Bäche und sind im flachen Brandenburg dementsprechend extrem selten. Sie sind hier nur aus drei Gewässersystemen bekannt: Die Steppnitz im nordwestlichen Zipfel von Brandenburg, das Schwärzesystem und die Lausitzer Neiße im Südosten des Landes.

Baltische Groppen aus der Schwärze
Baltische Groppen (Cottus microstomus) aus der Schwärze

Woher kommt die Groppenfaszination? Beim DJN-Sommerlager in Pöhlde wurde eine Groppe gefangen, bei der es sich vermutlich um eine Westgroppe (Cottus gobio) handelte. Die Bestimmung gestaltete sich schwierig und führte zu einer Literaturrecherche:
Früher wurden fast alle Groppen in Deutschland unter dieser einen Art zusammengefasst, aber nach Freyhof et al (2005) „Taxonomic diversity of European Cottus with description of eight new species“ gibt es vier bis fünf verschiedene Arten in Deutschland, die sich sehr ähnlich sehen.
In diesem Paper ist auf einer Verbreitungskarte ein kleiner Punkt zu sehen, der anscheinend das einzige (isolierte) Vorkommen von der Baltischen Groppe (Cottus microstomus) in Deutschland darstellt, wenn man von der Neiße als Grenzlinie mal absieht. In Polen ist die Baltische Groppe dagegen weit verbreitet, scheint aber in den an Brandenburg grenzenden Gebieten zu fehlen.
In dem Atlas „Fische in Brandenburg – Aktuelle Kartierung und Beschreibung der märkischen Fischfauna“ sind für die Schwärze sowohl die Westgroppe als auch die Baltische Groppe angegeben, allerdings stammen die Nachweise von der Westgroppe wohl aus der Zeit, als die Arten noch nicht getrennt wurden.
Da ist es auf jeden Fall naheliegend, eine Exkursion zu starten und zu versuchen, ob sich die Unterschiede zwischen den beiden Arten erkennen lassen. Als Bestimmungshilfe dient das erwähnte Paper von Freyhof et al, das einen Bestimmungsschlüssel enthält, sowie Sideleva et al (2019) „The finding of holotype and redescription of Cottus microstomus Heckel 1837“. Darin wird die Art anhand des im Wiener Naturkundemuseum wiederentdeckten Holotpyus und weiterem Material detailliert erneut beschrieben.
Die Unterschiede, die in „Fische in Brandenburg – Aktuelle Kartierung und Beschreibung der märkischen Fischfauna“ genannt werden sind wohl Quatsch, denn sie widersprechen den beiden Papern.

Westgroppe (Cottus gobio) vom Sommerlager in Pöhlde im Harzvorland
Vermutlich eine Westgroppe (Cottus gobio), gefangen während des Sommerlagers in Pöhlde

Die Bestimmung erwies sich letztlich als unmöglich, die angegebene Merkmalskombination ist kompliziert und auf englisch auch nicht besser zu verstehen. Noch dazu steht im Paper von Sideleva et al (2019), dass das Merkmal mit dem man in dem Schlüssel von Freyhof et al (2005) zur Baltischen Groppe kommt, nur bei in Alkohol koservierten Exemplaren durch Austrocknung sichtbar wird, und da auch nur bei neun von 28 Exemplaren deutlich. Na toll.

Artenliste:
In der Schwärze und einem kleinen Rinnsal, das aus einer Quelle direkt im Park in die Schwärze mündet:
Baltische Groppe (Cottus microstomus)
Dreistacheliger Stichling
Neunstacheliger Stichling
Gründling
Bachforelle
Rotauge
Flussflohkrebs (Gammarus roeselii)

Eine kleine Restgruppe verfolgte nach der Exkursion noch den Lauf der Schwärze bis zum Finowkanal, um zu schauen welche Flusskrebsart dort vorkommt:
Flussbarsch
Rotfeder
Kamberkrebs
Schwebegarnele (Hemimysis anomala)

Auch schön: eine Bachforelle
Auch schön: eine junge Bachforelle


Ein junger Kamberkrebs (wir haben auch ungefähr handgroße Exemplare gesehen)