Langsam wird es winterlich, das Laub ist bunt gefärbt und liegt mittlerweile zum größten Teil auf dem Boden. Was aber soll man tun, wenn man trotzdem wissen will, welche Bäume oder Sträucher das sind, die um einen herum wachsen? Sicher ist: Mit Blättern erkennt man zwar wesentlich leichter, mit welchen Arten man es zu tun hat, aber ohne geht es auch! Schaut man genau hin, bieten einem die Knospen, Blattnarben und die Beschaffenheit der Rinde eine Menge Merkmale, anhand derer man die Arten unterscheiden kann. Im Moment geben einem außerdem oft noch ein paar restliche Blätter an den Zweigen oder die Blätter auf dem Boden unter dem jeweiligen Baum Hinweise, ob man mit der Bestimmung richtig liegt. Wenn du also auch lernen möchtest, Gehölze im Winter zu bestimmen, ist jetzt der ideale Zeitpunkt, damit anzufangen!
Um den Einstieg zu erleichtern kommen hier ein paar Merkmale, auf die man besonders achten kann: Oft gibt schon der Gesamteindruck des Baumes oder Strauches von weitem erste Hinweise. So sind zum Beispiel Stiel-Eichen (Quercus robur) oft besonders knorrige Bäume mit stark gefurchter Rinde. Auch die oft längsgestreifte, aber ziemlich glatte Rinde von Hainbuchen (Carpinus betulus) fällt schon von weitem auf, genauso wie die von den sehr großen, langgestreckten Lentizellen quergestreifte Rinde der Vogel-Kirsche (Prunus avium). Lentizellen sind Poren aus lockerem Gewebe, die der Durchlüftung des Rindengewebes dienen und meistens als Punkte oder Knubbel auf der Rinde erkennbar sind.
Einen weiteren Hinweis, auch schon von weitem, gibt die Art der Verzweigung: vor allem bei Ahorn (Acer spec.) und Esche (Fraxinus excelsior) ist die Verzweigung auffällig kreuz-gegenständig, das heißt, es stehen immer zwei Seitenzweige gegenüber und am nächsten Verzweigungs-Punkt stehen die nächsten beiden Seitenäste im rechten Winkel dazu, also über Kreuz. Weiß man dann noch, dass Esche auffällige schwarze Knospen und helle glatte Rinde hat, kann man diese Art schonmal sicher ansprechen.
Bei den Ahörnern muss man dann etwas genauer hinschauen, um die drei bei uns häufigen Arten auseinander zu halten: Bergahorn (Acer pseudoplatanus) hat große grüne Knospen, Spitzahorn (Acer platanoides) große rote und Feldahorn (Acer campestre) kleine braune Knospen. Natürlich gibt es noch andere Arten mit kreuz-gegenständigen Knospen, also lohnt sich trotzdem der Blick in ein Bestimmungsbuch.
Weitere Merkmale, die bei der Bestimmung helfen, sind zum Beispiel die Form und Größe der Blattnarben und wie viele Blattspuren man in ihnen erkennen kann. Die Blattspuren sind die Reste der Leitbündel, die in die Blätter geführt haben und diese mit Wasser versorgt haben und als Punkte in den Blattspuren erkennbar sind (oft nur mit Lupe!). Bei den Knospen kann man darauf achten, ob und, wenn ja, von wie vielen Knospenschuppen sie umhüllt sind. Auch die Farbe und Anordnung der Knospen ist oft sehr charakteristisch. Außerdem kann die Form von Art zu Art sehr unterschiedlich sein: Bei der Rotbuche (Fagus sylvatica) sind sie beispielsweise lang zugespitzt, beim Roten Holunder (Sambucus racemosa) dagegen fast kugelförmig und bei Schwarz-Erle (Alnus glutinosa) und Grau-Erle (Alnus incana) sitzen die Knospen auf einem kurzen Stiel.
Ihr seht, es gibt eine Menge Merkmale, anhand derer man verschiedene Bäume und Sträucher unterscheiden kann! Also macht euch auf nach draußen und ihr werdet sehen, dass die kahlen Bäume auf einmal alle unterschiedlich aussehen, wenn man genau hinschaut. Als Bestimmungsbuch für den Einstieg ist der „Taschenatlas Knospen und Zweige“ von Bernd Schulz sehr hilfreich mit schönen Zeichnungen. Der Schlüssel ist in diesem Buch sehr einfach gehalten, funktioniert aber oft nicht so gut. Wer also lieber mit einem genauen Bestimmungsschlüssel arbeitet, kann die Gehölzflora von Fitschen ausprobieren, hier muss man sich anfangs allerdings etwas durch die vielen Fachbegriffe durchkämpfen. Oder ihr sucht euch einfach jemanden, der*die euch die verschiedenen Arten zeigt. Auf jeden Fall viel Spaß beim Rausgehen und Beobachten!
Verfasserin: Clara
Bild oben rechts: Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus), Foto: Clara